Fünfzig Prozent aller Ehen werden geschieden. Na sowas! Viel schlimmer: Hundert Prozent aller Ehen werden geschlossen. …
Weder Verstand noch Erfahrung hält die Mehrheit der Bekloppten und Bescheuerten davon ab, einen der merkwürdigsten Verträge der Gesellschaft zu unterzeichnen.
Was wird da überhaupt vertraglich geregelt?
Die wechselseitige Zuverfügungstellung der Geschlechtsteile zum Zwecke der Neumenschproduktion?
Ja, so war das mal gedacht.
Hinzu kam noch als essentieller Bestandteil das Treuegelöbnis, was pro forma auch für den Manne galt.
Im wesentlichen sollte damit seine biologische Benachteiligung ausgeglichen werden. Wußte doch die Frau immer, daß die Schacker an ihrem Rockzipfel dem eigenen Schoße entsprungen waren, der Mann jedoch nie. Diese arbeitsteilig organisierte Produktionsstätte für die Bevölkerungserneuerung hat Jahrhunderte lang leidlich funktioniert. Albern wurde es erst, als die Liebe als Eingangsvoraussetzung und das Glück als Ziel der Ehe festgeschrieben wurde. Jeder weiß, wie flüchtig diese Güter sind und wie wenig juristisch zu fassen.
Um dem ein wenig Rechnung zutragen, wurde der einstige Kontrakt über Treue und Versorgung in den siebziger Jahren unseres Jahrhunderts so verschlimmbessert, daß die Standesämter eigentlich den Landeskrankenhäusern angegliedert werden müßten.
Man stelle sich vor, Hitler hätte nach dem Bruch des Nichtangriffspaktes und dem Überfall auf die Sowjetunion auf Zerrüttungsprinzip plädiert und Reparationszahlungen für die besetzte Ukraine eingeklagt. Kein feiner Zug, würde man sagen! Aber das ganze normale Ende der Vertragsbeziehung Ehe.
Denn hierbei handelt es sich um ein Werk, das ohne Angaben von Gründen einseitig gelöst werden kann, wobei der vertragsbrüchige Partner auch noch auf Ausgleichszahlungen rechnen darf. Absurder geht’s nicht mehr. Aber wer so doof ist und einen juristischen Pakt über Liebe und Glück abschließt, hat’s nicht anders verdient.
Da fragt sich doch der wohlmeinende Beobachter, ob der ganze Popanz nicht längst hinweggefegt gehört. Statt unerfüllbare Mehrbereichsverträge über Haushaltsführung, Geschlechtsteilnutzung, Kinderaufzucht und Glücksversprechen zu unterzeichnen, sollte man sich partiell einigen. Wobei auf diese Weise aufgeschlüsselt, der andersgeschlechtliche Lebenspartner fast immer zweite Wahl nur bleibt.
Das Glück ist am günstigsten über den Lottoschein zu erstreben, treu ist bestenfalls der Hund, den Haushalt führt die Fachkraft für 400 Euro, die Kinder sind auf diese Weise erst gar nicht vorhanden und für den Sex war die Ehe ohnehin stets Feind Nummer Eins.
Bleibt als einziger Grund noch die angenehme Steuerklasse.
Und da muß sich jeder selber fragen, ob es die paar Euro wert sind, daß ein fremder Mensch allabendlich an der selben Fernbedienung rumfummelt.
Quelle: Wischmeyers Logbuch